Kann man schon was sehen?
Der Wunsch nach einem "ersten Entwurf" entspringt einem zutiefst menschlichen Reflex: der Illusion, dass Erkenntnis linear sei und Fortschritt in gleichmäßigen, messbaren Etappen stattfinde. In Wahrheit jedoch verläuft schöpferische Arbeit wie eine nicht-euklidische Kurve – man kann sie nicht mit Zollstock oder Deadlines abtasten.
Ein vorzeitiges Teilen wäre nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine epistemologische Zumutung: Das Werk im Stadium seiner Unvollkommenheit betrachtet zu sehen, hieße, den Prozess selbst zu verfälschen.
Ich erlaube mir daher, das Urteil der Geschichte und die Würde des Projekts über den Augenblick zu stellen. Wenn das Werk soweit ist, wird es nicht ‘fertig’ wirken – es wird notwendiger erscheinen, als ob es schon immer dagewesen wäre.